Sonntag, 14. Juli 2013
Das testament der Sidonie Fery

"Be excellent to yourself, dude" ("Sei gut zu dir selbst, Alter")

Vor mehr als zehn Jahren kritzelte ein kleines Mädchen in Patchogue eine Nachricht auf ein Stück Papier, steckte es gemeinsam mit einer Freundin in eine Ginger-Ale-Flasche und warf sie in die Great South Bay vor New York. Nun hat der Atlantik die lang verschollene Nachricht ausgespuckt und Sidonies verzweifelter Mutter ein bisschen Frieden gegeben.



Denn das kleine Mädchen von damals lebt nicht mehr. Vor zwei Jahren kam die damals 18-jährige US-Amerikanerin bei einem Unfall in der Schweiz ums Leben. Ihre Familie trauert seitdem um ihr einziges Kind.

Mimi Fery bekam Post von ihrem toten Einzelkind


Vor drei Jahren ist Sidonie Fery (†18) in eine Schlucht im Waadtland gestürzt und gestorben. Jetzt fanden Arbeiter eine 12 Jahre alte Flaschenpost von ihr. Hurrikan "Sandy" hatte sie an die Küste von New York gespült.

"Es war, als ob ein Engel zu mir sprach. Es kam von Gott", sagt Mimi Fery. Die Arbeiter entdeckten die Plastikflasche während Aufräumarbeiten nach dem Sturm "Sandy" auf Long Island im Bundesstaat New York. In dem Brief stand auch eine Telefonnummer. Die Finder griffen zum Hörer. Als niemand abnahm, hinterliessen sie eine Nachricht. Drei Stunden später rief eine hocherfreute Frau zurück: Mimi Fery, die Mutter von Sidonie.

"Als ich erfuhr, dass sie die Flasche gefunden haben, musste ich weinen. Alle haben geweint", erzählt sie amerikanischen Medien.



Die Flaschenpost hat Sidonie im Alter von zehn Jahren ins Meer geworfen. Darin schrieb sie ihr damaliges Lieblingszitat aus Bill and Ted’s Excellent Adventure ('Ted und Bill’s verrückte Reise durch die Zeit') aus dem Jahr 1988: "Be excellent to yourself, dude".

"Das Zitat ergibt auf einmal so viel Sinn", sagt ihre Mutter. Es sei eine Botschaft, sich nicht mehr um Sidonie zu sorgen.


Sidonie starb nach einem ausgelassenen Fest auf dem Aussichtspunkt Prafandaz oberhalb von Leysin im April 2010.
Mehrere Gymnasiasten der 'Leysin American School' feierten mit reichlich Alkohol - darunter auch Sidonie und Mitschüler Mehdi B. (†17) aus Marrakesch.
Die zwei jungen Menschen verliessen die Gruppe gegen 14 Uhr und kletterten in einem nahegelegenen Wald über einen Stacheldrahtzaun.
Kurz darauf stürzten sie in ihren Tod: Vermutlich rutschten sie aus und fielen über eine Felswand in eine mehrere Hundert Meter tiefe Schlucht.
Beim Abendappell fiel dann auf, dass die zwei Schüler noch immer nicht zu Hause waren. Die Direktorin rief die Polizei. Erst am nächsten Tag gegen 13 Uhr fand man die Leichen.

Für Mutter Mimi sei das Auftauchen des Briefes nach zwölf Jahren ein Zeichen dafür, dass Sidonie ihren Frieden gefunden hat. Die Nachricht sei eine grosse Erleichterung.

Arbeiter Brian Waldron füllte eine zweite Flasche mit jenem Sand, in dem er die Flaschenpost fand. Beide übergaben die Finder wenige Tage später der Mutter.
Mimi Fery ist an diesem Wochenende nach Patchogue gefahren, wo die Flaschenpost gefunden wurde. Sie hat sich nochmals persönlich bei den Arbeitern bedankt. Es gab eine kleine Zeremonie, um eine Gedenktafel einzuweihen, die an Sidonie erinnert.
Darauf die Worte:

"I learned that even though someone is very small they may have a big heart"

und ein Foto des lächelnden Mädchens und das Datum des Fundes: "Dec. 6, 2012".

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